Die Zahl ist atemberaubend: Nach Einschätzung der EU-Kommission sollen in Europa 30 Millionen Menschen ohne ein eigenes Giro- bzw. Bankkonto sein. Das betrifft aber offensichtlich nicht nur die osteuropäischen Länder, sondern auch die Bundesrepublik Deutschland. Rund 670.000 Menschen ohne Girokonto soll es hier geben, wird in den Medien berichtet.
Was ein Leben ohne Konto bedeutet, kann jeder ermessen, der sich vor Augen führt, was im Alltag auf diesem Wege abgearbeitet wird. Per Bargeld können Dinge wie ein Telefonanschluss oder eine Wohnung, ganz zu schweigen vom eigenen Job, schwer bis gar nicht realisiert werden. Ein Leben ohne Konto ist mit schwerwiegenden Nachteilen verbunden, sollte die Zahl von 30 Millionen stimmen, gäbe es viel zu erledigen.
Wie viel und auf welchem Wege ist dabei durchaus umstritten. Jüngst hat die EU-Kommission den Banken eine Frist gesetzt: Innerhalb eines Jahres sollten Banken allen Interessenten ein Konto anbieten, andernfalls werde der Staat das per Gesetz regeln müssen. Verbraucherschützer sehen das als Misserfolg an und verweisen auf Deutschland, wo eine Selbstverpflichtung für ein Jedermannkonto 1995 nicht erfolgreich sei.
Das sieht der Zentrale Kreditausschuss (ZKA) etwas anders. Hier verweist man darauf, dass es in Deutschland bereits mehr als zwei Millionen der so genannten Basiskonten gebe. Bezweifelt wird zudem, dass es wirklich noch tausende Betroffene gebe, die erfolglos ein eigenes Konto suchten. Die Selbstverpflichtung funktioniere also, entsprechend bestehe kein Grund, die Probleme in Osteuropa durch ein EU-Gesetz für alle zu regeln.
Die beiden Meinungen von ZKA und Verbraucherschützern schließen sich aus. Nimmt man das zur Grundlage, was 2008 das Finanzministerium in die Wege geleitet hat, scheint es doch Bedarf zu geben. Ein Bericht aus diesem Jahr geht davon aus, dass es tatsächlich noch Tausende Zeitgenossen gebe, die ohne eigenes Konto lebten und zwar nicht freiwillig. Eine verbindliche Selbstverpflichtung sei also durchaus sinnreich.
Bei den Verbraucherschützern führt man noch ein anderes Argument ins Feld. In jenen Bundesländern, in denen die Sparkassen sich verpflichtet wurden, jedem ein Basiskonto anzubieten, gebe es so gut wie keine Probleme mehr, heißt es. Entscheidend sei, dass es nicht um eine Selbstverpflichtung handele. Denn: Kunden für die Basiskonten brächten den Banken keinen Gewinn, das sie keine Dispokredite aufnähmen und auch nicht für Finanzprodukte infrage kämen.