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Gesundheitsreform: Höhere Beiträge

Nach den monatelangen heftigen Streitereien innerhalb der schwarz-gelben Koalition hat niemand mehr mit einer wirklich tiefgreifenden Reform im Gesundheitswesen gerechnet. Herausgekommen ist nun eine Einigung, die dieser Erwartung entspricht und vor allem eines darstellt: einen Kompromiss.  

Die Beiträge für die gesetzlich Krankenversicherten steigen, auch die Arbeitgeber müssen etwas zulegen. Gleichzeitig gibt es mit den Zusatzbeiträgen ein Element, das es auf lange Sicht ermöglichen würde, in das von der FDP favorisierte System mit Kopfpauschale einzusteigen. Ergänzt wird das durch einige Sparmaßnahmen.

Beitragssatz steigt Anfang 2011

Zunächst einmal steigen im kommenden Jahr für die gesetzlich Versicherten die Beiträge für die Krankenkassen um 0,3 Prozentpunkte von 7,9 auf 8,2 Prozent. Auch die Arbeitgeber werden zu Kasse gebeten, hier erhöht sich der Beitragssatz von 7,0 auf 7,3 Prozent. Eigentlich hatte die schwarz-gelbe Koalition darauf achten wollen, dass es keine Beitragserhöhungen für Arbeitgeber gibt.

Für Rentner gibt es gleichsam eine zusätzliche Belastung durch die Beitragserhöhung, denn diese müssten nächste Jahr mit einer Nullrunde zurechtkommen, zugleich aber auch auf ihre Betriebsrenten den vollen Beitragssatz für die Krankenversicherung bezahlen. Mit diesen Beitragserhöhungen sollen sechs Milliarden Euro zusätzlich eingenommen werden.

Steuern, Zusatzbeiträge

Doch mit dem großen Beitragssatz, der angehoben wird, ist es nicht getan. Denn gemessen an dem, was allein für 2011 als Defizit der Gesetzlichen Krankenkassen erwartet wird, sind sechs Milliarden Euro zu wenig. Zwei Milliarden Euro sollen aus Steuermitteln hinzukommen, was angesichts der aktuellen Lage im Bundeshaushalt defacto neue Schulden sind.

Für die Versicherten gibt es allerdings noch eine weitere Belastung in Form von Zusatzbeiträgen. Diese gab es bislang schon, allerdings in einer gedeckelten Form. Das entfällt jetzt, die Versicherten können von ihren Kassen jetzt ohne Blick aufs Einkommen mit einem Zusatzbeitrag versehen werden.

Für die FDP ist das ein wichtiger Punkt, denn der Partei ging es um einen radikalen Systemwechsel weg von Beiträgen, die auf dem Einkommen basieren, hin zu einer Kopfpauschale. Herausgekommen ist ein Kopfpauschälchen, das der FDP die Hoffnung belässt, mittelfristig doch zum Ziel zu kommen.

Sozialausgleich

Einen Sozialausgleich soll es auch geben, der allerdings wieder vom Einkommen abhängig ist. Zwei Prozent vom Bruttolohn dürfen die Zusatzbeiträge nicht übersteigen. Der funktioniert auf kompliziertem Wege, denn er richtet sich nicht nach dem, was die Kasse als Zusatzbeitrag erhebt, sondern nach dem, was grundsätzlich nötig ist, um per Zusatzbeiträge das Defizit zu schließen.

Das Bundesversicherungsamt BVA errechnet das erwartete Defizit und den auf dieser Basis nötigen Zusatzbeitrag. Sind das zum Beispiel zehn Euro pro Versichertem prüft der Arbeitgeber, ob das jenseits der Grenze von zwei Prozent des Bruttolohns liegt. Ist dem so, wird der generelle Beitrag zur Krankenversicherung entsprechend gesenkt.

Liegt der von der Krankenkasse geforderte Zusatzbeitrag allerdings über dem, was das BVA ausgerechnet hat, im Beispiel etwa 15 Euro, dann müsste der Versicherte die zusätzliche Last allein tragen – oder die Krankenkasse wechseln.

Sparmaßnahmen

Einen gewissen Anteil am für 2011 erwarteten Defizit sollen auch Ärzte und Krankenhäuser abtragen. 2011 solle es 3,5 Milliarden Euro sein, die über weniger stark steigende Ausgaben hereinbekommen werden sollen. Auch der Arzneimittelmarkt soll per Neuordnung einen Teil zum Ausgleich beitragen.

Schließlich sollen auch die zahllosen Krankenkassen ihren Beitrag leisten und an Verwaltungsgebühren sparen. Allerdings handelt es sich dabei um einen vergleichsweise kleinen Beitrag, denn der Gesundheitsminister geht von jährlich 300 Millionen Euro aus. Das ist gemessen an den fehlenden elf Milliarden kaum mehr als der sprichwörtliche Tropfen auf den heißen Stein.