vorsorgewissen.de

Private Krankenversicherung: Flucht schwer möglich

Eigentlich gelten Versicherte der Privaten Krankenversicherungen (PKV) als privilegiert. Extrem günstige Tarife (in jungen Jahren), Behandlung erster Klasse, wenig Wartezeiten, keine Praxisgebühr usw. werden immer wieder genannt, wenn es um die Vorzüge der PKV geht.

Zu diesem Bild will allerdings nicht recht passen, was aus den Mund von diversen Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) zu hören ist. Eine regelrechte Fluchtbewegung unzufriedener Versicherter in der PKV wäre festzustellen. Es wären Tausende, die zurück zur GKV wollten, war zu lesen.

Nettogewinn der PKV

Die privaten Krankenversicherer sehen das anders und versuchen das mit Zahlen zu belegen. 2010 wären 153.200 Menschen aus der PKV in die GKV gewechselt, man habe aber 227.000 Übertreter in die andere Richtung gehabt. Netto hätte die PKV somit einen deutlichen Zugewinn zu verbuchen gehabt.

Für das Jahr 2011 wird mit noch mehr „Beute“ der PKV gerechnet. Ein Grund für diese Zahlen ist, dass sich die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Übertritt zu einer privaten Krankenversicherung verändert haben. Statt drei Jahren reicht jetzt schon ein Jahr Einkommen über der gesetzlich festgelegten Schwelle, derzeit 50.850 Euro.

Klar ist auch, dass die GKV-Vertreter nicht unbedingt übertrieben haben, wenn sie von Tausenden Wechselwilliger sprechen. Interessant wäre vor allen Dingen ein Vergleich mit den zurückliegenden Jahren, um ein aussagekräftiges Bild zu bekommen. Und es gibt noch ein anderes Indiz, dass es bei der PKV nicht völlig rosig aussieht.

Beschwerdeflut schwillt an

Die Zahl der Beschwerden über die PKV ist in den vergangenen acht Jahren drastisch gestiegen. 2003 sollen es noch 2.208 gewesen sein, 2010 schon 5.964. Für das Jahr 2011 wird mit einem weiteren Anstieg auf 6.500 gerechnet, meldete jüngst die Süddeutsche Zeitung. Hier ist in der Tat ein Trend zu erkennen, der zumindest Fluchtmotive vermuten lässt.

Zu den Gründen für Beschwerden zählen vor allem Streits über die medizinische Notwendigkeit einer Behandlung, sprich: Wenn sich die Krankenversicherung weigert, zu zahlen. Das ist bei rund einem Fünftel der Streits der Fall. Branchenbeobachter sehen hier ein wachsameres Auge der Versicherungen als Grund.

Die deutlich steigenden, in einzelnen Fällen dramatischen Steigerungen der Versicherungsgebühren stellen bei rund 14 Prozent der Klagen den Grund für die Beschwerde. Während die GKV regelmäßig und moderat teurer wird, ist das bei den Privaten Kassen abhängig vom Tarif.

Austritt extrem schwer

Was die angesprochene Fluchtbewegung anbelangt: Es ist nicht einfach, aus der PKV auszutreten. Sie umgibt ein dichter Sperrwall. Jenseits der 55 Jahre und eines Einkommens von 50.800 Euro ist es sehr schwer. Vor diesem Hintergrund verwundern 153.200 Wechsler zur GKV schon.